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Pass auf, sie beten wieder!“ – Pastor Andreas Flug in der Moorkirche

Zwischen dem 8. März und dem 17. Mai liegen exakt 70 Tage. Je nach dem, in welchem Zusam­men­hang man diese Zeit­spanne sieht, fühlt es sich unter­schied­lich lang an. Im laufenden Jahr 2020 sieht das anders aus. Innerhalb kürzester Zeit wurde durch die Bestim­mungen gegen eine Ausbrei­tung der Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass alle wir alle in einer komplett anderen Welt leben. Das gesamte Leben wurde auf ein Minimum beschränkt – Kontakte und Vergnügen wurden auf fast Null runtergefahren.

Die Sehnsucht nach dem Leben vor den Einschrän­kungen wächst an jedem weiteren Tag in der aktuellen Corona-Krise. Und dort, wo man sich wieder begegnen kann, gelten nach wie vor Abstands­re­ge­lungen und Hygie­ne­vor­schriften. Am 8. März hatte die Frei­stätter Moor­kirche mit Gläubigen den letzten Vor-Corona-Gottes­dienst gefeiert. Und da der Virus auch nicht vor der freien Reli­gi­ons­aus­übung zurück­schreckt, mussten danach auch öffent­liche Messen untersagt werden.

Mit den ersten Locke­rungen der jüngsten Zeit öffnete nun auch die Moor­kirche ihre Pforten wieder für einen sonn­täg­li­chen Gottes­dienst. Doch der Weg zurück in die gelobte Norma­lität ist auch hier noch ein langer Weg. So mussten die Besucher des Gottes­dienstes einige Regeln beachten und das Tragen eines Mund­schutzes in der Kirche war Pflicht.

Im Vorraum der Kirche waren außerdem Desin­fek­ti­ons­mittel und Latex­hand­schuhe sowie Hinweise zum vorsich­tigen Umgang zu finden. Im Gottes­dienstraum selbst gab es „gesperrte Stühle“, die zur Einhal­tung des Mindest­ab­stands zwischen den Gläubigen dienten. Mögli­cher­weise waren sie auch ein Grund für die über­schau­bare Besu­cher­zahl. Außerdem sperrte ein violettes Band mit der Aufschrift „Kirche lebt durch Bewegung“ mehrere Sitz­mög­lich­keiten ab, um den gesetz­lich gefor­derten Mindest­ab­stand zu wahren. Auch Gesangs­bü­cher wurden für die Messe als Vorsichts­maß­nahme nicht ausgeteilt.

Letzteres war auch nicht nötig, wie Pastor Andreas Flug zu Beginn der Feier erwähnte – sämtliche christ­li­chen Gesänge wurden durch den Mund­schutz hörbar gesummt. Begleitet wurde der gemein­same „Bienen­chor“ von Eberhard Brünger an der Orgel. Wenigs­tens hier fühlte man sich an die Zeiten vor der Krise erinnert. Nach der Begrüßung erinnerte der Pastor an Rogate, den 5. Sonntag nach dem Osterfest. Die Christen  führten den Bitt­sonntag ein, um an den Sinn und die Notwen­dig­keit des Betens zu erinnern.

In seiner Predigt erzählte der Pastor schließ­lich von seinen Erfah­rungen aus Gesprä­chen mit verschie­denen Gemein­de­mit­glie­dern. Vielfach musste er sich anhören,  dass Menschen eher in schwie­rigen Lebens­si­tua­tionen wieder zum Gebet finden. Manch einer habe, so Pastor Flug, das Beten gar verlernt. Von anderen Menschen habe er die Frage gehört, was das Beten denn bringe, und ob es wirklich erhört werde? Pastor Flug betonte, dass es beim Beten darum gehe, mit Gott ins Gespräch zu kommen, und im Gebet die Antwort für so vieles zu finden.

Nach dem Gottes­dienst verließen die Gläubigen viel­leicht etwas betrübt, nach­denk­lich und wohl auch ein wenig erleich­tert die Moor­kirche. Betrübt darüber, dass die geltenden Beschrän­kungen schon den Weg in die früher gewohnte Norma­lität hemmen. Dass es jetzt wieder mehr Möglich­keiten zur Gemein­schaft gibt als in den vergan­genen Monaten sollten wir alle mit ein wenig Erleich­te­rung und Hoffnung annehmen.

Viel­leicht lernen wir ja durch diese Krise insgesamt unser Leben mitein­ander mehr zu schätzen. Die Bedeutung von Gemein­schaft zumindest dürfte Pastor Flug vielen Mitmen­schen deut­li­cher gemacht haben.