Nein, normal ist in diesem Jahr überhaupt nichts. 2020 ist einzigartig. Stillstand und radikaler Umbruch zugleich. Man versucht das Beste aus der Situation zu machen. Manche betonen die positiven Seiten des Ausnahmezustands. Endlich mehr Zeit für die Familie. Auch mehr Raum für Reflexion und Müßiggang, für Hobbys und Leidenschaften, die irgendwann im stressigen Alltag verloren gingen. Eine Chance, das eigene Leben – wenn nicht gleich die ganze Gesellschaft – neu zu denken. Vieles kann und soll von jetzt an besser werden. Und menschlicher. Und offener. Jede Katastrophe, meinen sie, bringt auch die Chance für einen neuen Anfang mit sich.
Die Wirtschaft trägt ihren Teil dazu bei, diese Botschaft unters Volk zu bringen. Coca Cola zum Beispiel. Der Brause-Gigant aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia erfrischt die Corona-müde Welt derzeit mit einer großangelegten Werbekampagne.
In einem Spot preist der dauerlächelnde Wortkünstler „George the Poet“ die heiteren Aspekte der Pandemie an: „Social Distance ist gut gegen miese Energie und Humor ist das Ding.“ – das sagt er in der recht frei übersetzten deutschen Version. Und: „Ich glaube an die Kraft, die unser Essen, unsere Musik hat. Hey, ich bin kein Tänzer, aber für dich fühle ich den Rhythmus, tanz für dich, und ich trag dich auf Händen – in unseren eigenen vier Wänden!“
Welt im Wandel
Die Kernbotschaft des zeitgemäß auf Diversität und Feminismus („Ich bin stark wie 'ne Frau, kapiert?“) getrimmten Spots ist einfach: „Wer sagt, wir müssen zurück zum Normal, überhaupt Zurück? Was, wenn unser Normal etwas Neues ist und das Alte einfach nicht mehr passt?“
Andere Menschen sind da weniger optimistisch. Sie bangen um ihre Arbeitsplätze, stehen vor den Trümmern ihrer Existenz, mussten ihr Geschäfte aufgeben, sind in Kurzarbeit oder wurden bereits gekündigt. Unsicherheit und Angst vor der Zukunft bestimmen ihren Alltag. Sie leben von ihren Reserven, und empfinden das in den Medien oft kolportierte Bild einer schönen neuen Welt und des angeblich überall zelebrierten gesellschaftlichen Zusammenhalts, nur noch als zynische Realsatire.
Klar ist, dass hier und jetzt etwas Großes passiert. In Deutschland, Europa und der Welt. Und dass sich noch gewaltigere Verwerfungen ankündigen. Es ist ein wenig wie in „Der alte Mann und das Meer“. Dieser Moment, in dem der alte Fischer der Größe des mächtigen Speerfisches gewahr wird, wenn dieser zum ersten Mal unter dem Boot hindurchtaucht und das Wasser sich verdunkelt, als er seinen gigantischen Schatten an die Oberfläche wirft.
… Jahr 2020 … die überleben wollen …
Also, was bedeutet dieses „Neue Normal“ eigentlich? Bedeutet es, dass wir ab jetzt insgesamt solidarischer sind? Wir änderten bereits unseren kollektiven, gesellschaftlichen Lebensstil – aus Liebe zu und Solidarität mit den Schwächeren. Alte und Kranke, die schwere gesundheitliche Schäden erleiden, oder gar an der Infektion mit dem Virus sterben können. Und aus Angst vor der Bestrafung bei Fehlverhalten. Anders gefragt: Ist es ab dem Jahr 2020 ganz normal, wenn breite Teile der Bevölkerung weitgehend widerspruchslos die schwersten Eingriffe in unsere Grundrechte seit dem Zweiten Weltkrieg hinnehmen? Wenn viele aufgrund der zeitlich nicht begrenzten, oft willkürlich anmutenden staatlichen Maßnahmen, sehenden Auges hilflos in den finanziellen Ruin taumeln … ist das noch normal?
Ist es ab jetzt allgemeiner gesellschaftlicher Konsens, wenn in undemokratischer Manier kritische Stimmen unterdrückt, ignoriert, verächtlich und mundtot gemacht werden als „Covidioten“?
Wenn in einer angeblich offenen Gesellschaft all ihre Argumente in die Schublade mit der Aufschrift „Verschwörungstheorien“ gesteckt werden? Ist es in unseren Breiten bereits Common Sense, querdenkende Demokraten und Kritiker der Maßnahmen generell und öffentlichkeitswirksam als „Aluhüte“ und „Nazis“ zu labeln?
Teilen und Herrschen
Ist es andererseits gelebte neue Normalität, dass sich viele Bürger und Bürgerinnen – in den Echokammern des Internets ideologisch gestählt – nicht einmal mehr die Mühe machen, die offiziellen Fakten zu checken, bevor sie wutschäumend in den „Widerstand“ gehen? Während sie den in ihren eigenen Kreisen zirkulierenden Thesen blind vertrauen? Und selbstverständlich immer gegen „die da oben“ sind?
Keiner weiß, wann dieser permanente Ausnahmezustand vorbei sein wird. Bill Gates, zweitreichster Mann der Welt, und dank der finanziellen Zuwendung seiner „Bill & Melinda Gates Stiftung“ an zahlreiche Pharma-Unternehmen, sowie staatlichen, überstaatlichen und privaten Stiftungen stark in die Geschehnisse involviert, spricht von Ende 2021. Eine Horrorvorstellung. Und wird der vom Weltwirtschaftsforum avisierte (und von vielen unabhängigen Medien scharf kritisierte) „Große Reset“ der weltweit angeschlagenen Wirtschaft wieder auf die Beine helfen? Wird die neue Ordnung die Gesellschaften insgesamt besser und gerechter machen? Wie wird unsere Welt nach dem Ende der Pandemie aussehen?
In Ermanglung einer Kristallkugel, bleibt wohl vorerst nur die eine Option: Unser jeweiliges Leben so gut und frei wie möglich zu gestalten, und dabei aufmerksam und vorsichtig zu bleiben. In mehr als einer Hinsicht.