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Grün-Weiße Rückreise

Gerade einmal 73 Tage Verschnauf­pause gönnte der deutsche Handball-Bund Sportlern, Verant­wort­li­chen und Fans, um die Spielzeit 2020/21 zu verar­beiten, um sich nun der neuen  Spielzeit zu widmen. Für die Olym­pio­niken unter den Akteueren war die Urlaubs­zeit durch die Reise nach Japan noch viel über­schau­barer. Am 8. September war es endlich soweit; die 18 Vereine heißen ihr Publikum endlich wieder will­kommen. Anders als noch zum Start vor knapp einem Jahr sind die Zuschauer von Anfang an dabei. CoVid-19 ist bedau­er­li­cher­weise nach wie vor allge­gen­wärtig, jedoch können die Vereine endlich wieder die Türen für alle öffnen.

Auch in Minden. Jawohl, Sie lesen richtig, IN Minden. 619 Tage waren vor diesem Mittwoch vergangen, als sich die GWD an jenem 29. Dezember 2019 mit dem TSV Hannover-Burgdorf duel­lierte, und sich die Tore der KAMPA-Halle, so vermu­teten viele, für immer schließen sollte. 1 1/2 Jahre wurden die Grün-Weißen dazu bewegt, ihre Heim­spiele ausge­rechnet in der Merkur­arena vom Nach­bar­schafts­ri­valen TuS Nettel­stedt-Lübbecke auszu­tragen. Damals schien der Brand­schutz zu unsicher. Geplant war, dass das Gebäude den Baggern zum Opfer fallen soll, und durch eine hoch­mo­derne Sport­arena ersetzt wird. In der Stadt wurde sich alter­nativ gegen eine kosten­spie­lige Instand­set­zung der KAMPA-Halle entschieden.

Die Entschei­dung fiel im Oktober vergan­genen Jahres; die KAMPA-Halle wird umfang­reich saniert, und ein Sport­zen­trum soll in der ostwest­fä­li­schen Stadt entstehen. Nach dem dieser Beschluss durch den Kreistag amtlich wurde, bean­tragte die GWD die Rückkehr in die KAMPA-Halle zur Spielzeit 2021 / 2022. Für alle, deren Herz grün-weiß schlägt, begann mit diesem 8. September 2021 die lang­ersehnte Rückkehr an gewohnter Spiel­stätte. Von dem knapp 20 km entfernten Ausweich­quar­tier in Lübbecke haben die meisten ohnehin nicht sehr viel mitbe­kommen; ganze 6x, je dreimal  vor Corona und dreimal zum Ende der vergan­genen Spielzeit konnte Publikum in die Halle gelassen werden.

Das letzteres auch gelingen soll, funk­tio­niert jedoch nur unter einem sehr streng aufer­legten Hygie­ne­kon­zept. Natürlich muss erst geschaut werden, wer darf wo in welchen hinein. Die Sitz­plätze sind, um die Abstands­regel zu gewähr­leisten, schach­brett­artig frei­zu­halten bzw. tatsäch­lich zu besetzen. Die Toiletten im Gebäude wurden nach draußen verlegt. Und auf den heiß­ge­liebten Fankeller muss fürs erste "noch" verzichtet werden. Dafür, und da dürfen alle erleich­tert sein, waren die Imbiss­stände vor der Halle genauso postiert, als hätte es die über 20-monatige KAMPA-Abstinenz nie gegeben. Es tut gut, mit anzusehen, dass Corona nicht auch die frei­wil­ligen Helfer nicht auch noch wegrationalisiert.

Der Preme­rien­gast konnte nicht viel Promi­nenter, und auch nicht viel schwie­riger sein. Kein gerin­gerer als die SG Flensburg-Handewitt war zu Gast in Ostwest­falen. Seit 2008 bedienten sich in den Duellen beider die Teams an den Punkten wie im Selbst­be­die­nungs­laden, und nahmen seither auch stets die volle Ausbeute mit. Die Zuver­sicht, die Heimkehr auch mit einer Sieges­feier gegen den amtie­renden Vieze­meister zu krönen, war demzu­folge zurück­hal­tend. Die Hoffnung bestand lediglich darin, dass die Nord­lichter noch ein wenig im Sommer­loch stecken. Vor allem auf ein wenig Olym­pia­mü­dig­keit etlicher dänischer Silber­me­dail­len­ge­winner in Tokio wurde sich erwünscht.

Der Haken an der Sache; die Grün-Weißen zeigten sich auch noch nicht sehr einge­spielt. Auf den ersten Blick verständ­lich, etlicher promi­nenter Abgänge zum Ende der vorhe­rigen Spielzeit. Dennoch legte die GWD los wie die Feuerwehr. Und gäbe es zur neuen Saison die Regel, dass ein Spiel nur 3 Minuten und 43 Sekunden dauert, hätte dies den ersten Sieg seit 13 Jahren bedeutet, denn es stand bereits 2:0. Mit Ausnahme der Flens­burger Fans wuchs bei den meisten der 1380 Zuschauern nun der Traum einen faust­di­cken Über­rachung zu Saisonbeginn.

3 Minuten 43 Sekunden bedeutet aber auch 2021/22, es waren noch 56 Minuten und 17 Sekunden zu absol­vieren. Oder um es in der Sprache der Flens­burger zu erläutern – trotz kurzem Sommer und Olym­pia­trip – 223 Sekunden reichten aus, um sich für die neue Saison einzu­spielen. Dann erinnerte man sich bei den Schleswig-Holstei­nern daran, dass es hier um die ersten 2 Punkte für das Ziel Meis­ter­schaft ging. Trainer Frank Carstens erklärte nach dem Spiel, seine Mann­schaft habe über lange Zeit alles vermissen lassen, was es benötigt, um ein solches Team ordent­lich zu ärgern. Erfreut war lediglich Maik Machulla, Carstens Kollege auf der Bank der Gäste, der sich auf wesent­lich mehr Arbeit einge­stellt hatte.

Um es kurz zu machen, die GWD unterlag am Ende mit 18:31. Unter jetzt nur 18 Teams grüßen die KAMPA-Rück­kehrer von Platz 18 zum Saison­start. Bevor mit den Berliner Füchsen am 23. September sich ein weiteres Spit­zen­team als Gegner präsen­tiert, gilt es nun, auf den Auswärts­reisen in Balingen und in Erlangen die rote Laterne weiter­zu­rei­chen. Aller­dings stellen sich Zuschauer auf ein schwie­riges Jahr ein, weil Abgänge wie Chris­toffer Rambo, Kevin Gulliksen und Juri Knorr nicht einfach mal so ersetzt werden können. Umgekehrt, auf die Neulinge dürfen wir in der Zukunft gespannt sein.

Da wäre zum einen Mohamed Darmoul. Der Tunesier zeigte stel­len­weise großes Kämp­fer­herz, und einen ziel­ge­rich­teten Drang zum gegne­ri­schen Tor. Und was die weitere Zukunft angeht, hoffen wir auf die Sieger­men­ta­lität von Florian Kranzmann, an die er sich während der U‑19-Euro­pa­meis­ter­schaft als Turnier­sieger gewöhnen konnte. Doch wollen wir nicht alle Verant­wor­tung auf den gebür­tigen Biele­felder abwälzen, dessen Wiegen­fest sich am Tag danach zum 19 mal jährte. Herz­li­chen Glück­wunsch dazu sagt auch die Frei­stätter Online Zeitung.

Und wir sind auch guter Dinge, dass wir bald dem gesamten Team zu Punkt­ge­winnen gratu­lieren können. Die übrigen Gegner sind zwar auch keine Lauf­kund­schaft, aber nicht jede kommt aus Flensburg.