Es war kein Aprilscherz, der in der Pappelstraße Bremen vorbereitet wurde: Das Projekt „Housing First Bremen“ veranstaltete am 1. April 2022 seine Einzugsfeier in seinen neue renovierten Räumlichkeiten.
Housing First Bremen
Im neuen Büro hatten Geschäftsführer Moritz Muras und sein Team zahlreiche Vertreter*innen von Organisationen, Politiker*innen und Medienvertretende nach Bremen-Neustadt eingeladen. Die Pappelstraße soll künftig erste Adresse für „Housing First“ in Bremen werden: Ein Erfolgsrezept, das in Finnland in den letzten Jahren sehr beachtliche Erfolge bei den Hilfen für wohnungslose Menschen verbuchen konnte.
Mittlerweile beschäftigen sich auch in Deutschland immer mehr Kommunen mit der Umsetzung von „Housing-First“-Konzepten, und so kam es auch Ende 2019 in Bremen mit Unterstützung der Bremer Bürgerschaft zum Aufbau des Projekts „Housing First Bremen“.
Hinter dem Projekt stehen die Bremer Vereine Wohnungshilfe Bremen e. V. und Hoppenbank e. V., die beide schon seit den 80-er bzw. 70-er-Jahren Menschen in schwierigen Lebenslagen – zu denen sehr oft akute oder drohende Wohnungsnot gehört – mit vielfältigen Hilfen unterstützen. Das neue Projekt soll diese Hilfen jetzt bündeln, um so noch effektiver gegen die wachsende Wohnungsnot benachteiligter Menschen in Bremen anzugehen.
„Housing-First“-Projekte
Erste Projekte von „Housing First“ entstanden Ende der 1990-er Jahre in den Vereinigten Staaten und fanden später in einzelnen EU-Staaten Nachahme-Projekte, die lokal bis zu 30% der betreuten Menschen dauerhaft zu einer eigenen Wohnung verhalfen.
Während in einzelnen Nationen wie Frankreich, den Niederlanden, Österreich oder auch in Deutschland meistens sozial engagierte Verbände und Vereine solche „Housing-First“-Projekte organisieren, machte Finnland die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit durch „Housing First“ seit 2008 zur staatlichen Aufgabe und reduzierte damit effektiv die Zahl wohnungsloser Menschen – im Gegensatz zur Entwicklung wachsender Zahlen Wohnungsloser in praktisch allen Staaten Europas.
Bei „Housing-First“-Projekten geht es darum, wohnungslose Menschen ohne große Auflagen und Hürden mit einer eigenen Wohnung zu versorgen und dabei auch den Abschluss eines regulärem Mietsvertrags zu ermöglichen.
„Housing First“ in Finnland
In Finnland hat das landesweite „Housing-First“-Konzept dafür gesorgt, dass man heute bei einem Rundgang durch finnische Städte kaum mehr Obdachlose antrifft. Mit der vorrangigen Wohnungsvermittlung war es außerdem möglich, einen Großteil der ehemals wohnungslosen Neu-Mieter auch wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu vermitteln. Der Staat selber nahm zusätzliche Steuern ein, konnte für die Bevölkerung Steuerentlastungen auf den Weg bringen, und selbst in den sozialen Wohnungsbau mit Schaffung bezahlbarer Wohnungen investieren.
Wer sich das Vorbild Finnland anschaut, kann grob erkennen, wo hierzulande der Schuh drückt. Auch wir sehen die Arbeit von „Housing First Bremen“ als eine gute erste Initiative an, aber wir denken auch, dass diese Arbeit eine viel breitere politische Unterstützung benötigt, sie also zuletzt auch bei uns in Deutschland langfristig als bundesweite Aufgabe angesehen werden muss.
Ausblick „Housing First“ in Deutschland?
Von DAX-Wohnungsbaugesellschaften Einsicht in die Nöte armer und sozial benachteiligter Menschen zu erwarten dürfte für unsere Gesellschaft ein fataler Weg sein. Zur wirklichen Bekämpfung der sich immer weiter verschärfenden Wohnungsnot für einen immer größer werdenden Anteil unserer Bevölkerung muss unsere Ministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen unserer Meinung nach unabhängig von allein profitorientierten Unternehmen deutlich mehr tätig werden.
In Bremen selbst leben circa 600 Menschen ohne Dach über dem Kopf, am Eröffnungstag konnten die neuen Hausherren in der Pappelstraße über 6 neue Mietverträge berichten.
Das ist ein erster Schritt, dem allerdings noch viele folgen müssen. Es sind vor allem Schritte, bei denen wohl noch mehr Starthilfen benötigt werden. Dann auch angesichts der aktuell explodierenden Kosten bei Strom, Energie und Lebenshaltung scheint dass Problem nicht kleiner zu werden.
Links zum Thema „Housing First“
- Wikipedia.org: „Housing First“
- Freie Hansestadt Bremen: Pilotprojekt „Housing First“ in Bremen
- SPD Bremen: Housing First auch in Bremen umsetzen
- Finnland: Zuerst eine Wohnung (nzz.ch)
- Geo.de: Kaum noch Obdachlose auf Finnlands Straßen
- FEANTSA.org: A Home of Your Own (PDF-Datei)