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Demo­kratie und Sozi­al­staat erhalten – aber wie?

Land­tags­po­li­tiker Thomas Uhlen (CDU) diskutiert
mit Hanno­ve­raner Bürge­rinnen und Bürgern

Zur Einlei­tung wagte Klaus-Dieter Gleitze, der Geschäfts­führer der Landes­ar­muts­kon­fe­renz Nieder­sachsen (LAK), einen Blick in seine imaginäre „Zauber­kugel“ um seine Vision für das Jahr 2035 aufzu­zeigen: (die – mit den aktuellen Sorgen armer Menschen – recht düster ausfiel)

Deutsch­land hat eine Arbeits­lo­sen­quote von über 30%, ein Großteil der Bevöl­ke­rung lebt unterhalb der Armuts­grenze, soziale Teilhabe ist nur noch für einen Teil der Bevöl­ke­rung erschwinglich!
Von den Mieten und der Situation am Wohnungs­markt ganz zu schweigen.
Zudem finden poli­ti­sche Koali­tionen mit der AfD statt.“

Dem  wider­sprach Thomas Uhlen, der sich als nieder­säch­si­scher CDU-Land­tags­ab­ge­ord­nete an der Veran­stal­tung betei­ligte. Er betonte: Wenn dieses Szenario eintreten würde, würde manch einer im Lande die Geduld und die Nerven verlieren, und bürger­kriegs­ähn­liche Zustände würden heraus­for­dert werden.

Noch ist nicht 2035, aber die aktuelle Situation armer und prekär beschäf­tigter Menschen liefert heute keinen Grund, sorgen­frei in die Zukunft zu blicken. Der Unions­po­li­tiker war der Einladung der LAK gefolgt, um mit Klaus-Dieter Gleitze und seinen Gästen – darunter vielen schon jetzt in schwie­rigen Situa­tionen lebenden Hanno­ve­raner Bürger:innen – auszutauschen.

Sie alle trafen sich im Café „ka:punkt“, inmitten der Innen­stadt Hannovers. Natürlich lockte auch die gemein­same Runde bei Kaffee und Kuchen, aber vor allem auch das Gespräch mit einem Volksvertreter.

Demo­kratie und Sozi­al­staat erhalten – aber wie?“ – so lautete das Diskussionsthema.

Oder um es anders zu formu­lieren: In der Diskus­si­ons­runde ging es haupt­säch­lich darum, die Probleme immer weiter wach­sender Armut in Deutsch­land zu verdeut­li­chen. Einen großen Raum nahm zu Beginn die Migra­ti­ons­po­litik ein. Grund­sätz­lich war zu erkennen, dass keiner der Gäste im „ka:punkt“ grund­sätz­lich etwas gegen die Aufnahme von Flücht­lingen hatte. Jedoch äußerte manch ein Gast, dass mitunter die Hilfen für Flücht­linge und die Unter­stüt­zung armer einhei­mi­scher Menschen gegen­ein­ander ausge­spielt würden.

Vor allem entstünde dieser Eindruck dann, wenn leer stehende Häuser urplötz­lich in Unter­brin­gungen speziell für Flücht­linge umge­wan­delt werden könnten – vorher aber offenbar keine Mittel bereit gestanden hätten, diesen Leerstand als bezahl­baren Wohnraum für alle anzubieten.

Bürge­rinnen und Bürger fühlten sich dann  mit ihren Nöten und Bedürf­nissen von den regie­renden Parteien über­gangen. So entstehe auch Poli­tik­ver­dros­sen­heit, die es unde­mo­kra­ti­schen rechten Parteien leicht mache, Menschen für ihre Zwecke anzuwerben.

In der weiteren Diskus­sion kamen dann auch Forde­rungen nach einer gerech­teren (Um)-Verteilung von „Reichtum“ und einer gerech­teren Vermö­gens­steuer auf.

Thomas Uhlen zeigte dann auch  Verständnis für die beson­deren Schwie­rig­keiten armer Menschen ange­sichts weiter stei­gender Mieten und der weiter stei­genden Inflation. Mit den Argu­menten der bestehenden Schul­den­bremse und Problemen der Wirt­schaft hatte er aber auch keine direkte Lösung für diese Probleme anzubieten.

Führenden Politiker des Landes machen sich offenbar Sorgen ange­sichts der aktuellen Umfra­ge­werte ihrer Parteien, denn es kommen einige Wahlen im nächsten Jahr: Das Euro­pa­par­la­ment sowie in drei östlichen Bundes­län­dern darf dann gewählt werden. Damit zusammen hängt dann sicher auch die Diskus­sion um die  künftige Einwan­de­rungs- und eine strengere Auswei­sungs-Politik nicht aner­kannter Flüchtlinge.

Auch ist ein langsam wach­sendes Bewusst­sein für die Ängste und Nöte der Bevöl­ke­rung bei einigen Politiker:innen zu beob­achten: Ständig steigende Preise und Mieten und das immer knapper werdende Angebot auf dem Wohnungs­markt beschäf­tigen immer mehr Bürger:innen, von denen dann offenbar manche zu Protest­wäh­lern werden, die vermehrt auch rechte Parteien wählen – um „Die da oben“ zum Aufwachen zu bringen?

So sehen wohl einige Politiker:innen das Thema „Zuwan­de­rung“ als das größte Problem der Menschen an.

Die Diskus­sion in Hannover zeigte aber, dass das ein gefähr­li­cher Trug­schluss sein kann: Denn für arme Menschen bedeutet Vertrauen in unsere Demo­kratie auch eine ange­mes­sene finan­zi­elle Versor­gung für arme Bürger:innen, die ihnen eine ange­mes­sene Teilhabe in allen Bereichen des gesell­schaft­li­chen Lebens ermöglicht.

Und dazu bräuchte es aktuell spürbare Verbes­se­rungen, und – besonders bei armen Menschen – mehr Geld in ihren Geldbeutel.

Wir meinen, dass Thomas Uhlen unseren Respekt verdient, sich dieser Diskus­sion im „ka:punkt“ zu stellen, und einmal „auf Tuch­füh­lung“, ging, um sich auch die Sorgen von Menschen mit Armut­s­er­fah­rungen anzuhören.

Wir wünschen ihm, dass er die Diskus­sion um die drän­genden Sorgen vieler – allein durch ihre Armut sozial benach­tei­ligter – Menschen nutzt, um sie auch anderen Vertreter:innen seiner Partei bewusster zu machen.

Denn wir sind mit der LAK einer Meinung, dass arbei­tende und steu­er­zah­lende Menschen immer mit ihrem Lohn sorglos einkaufen können sollten und dass Senioren ihren Ruhestand ange­messen genießen können sollten.

Für bedürf­tige Menschen sollte eine ange­mes­sene staat­liche Unter­stüt­zung gezahlt werden, zu der auch die Unter­stüt­zung für ange­mes­senen Wohnraum gehört, den unser Staat dann aber auch allen Menschen bezahlbar anbieten sollte.

Zuletzt geht es um den Begriff „Menschen­würde“, die im Grunde allen Bürge­rinnen und Bürgern glei­cher­maßen zusteht. Dann kann es auch einfacher gelingen, bei künftigen Wahlen soge­nannte „alter­na­tive“ Parteien über­flüssig zu machen.