Ruhige Nummern bescheren dem JoZZ besinnliches Flair
Wer heute, 19 Tage vor dem Heiligen Abend, noch nicht so richtig in Weihnachtsstimmung gekommen ist, der hätte den Vorabend des 1. Advent in Sulingen verbringen sollen. Neben dem alljährlich von Stadt und Initiative Sulingen, „Delme“ und der Lebenshilfe veranstalteten Adventszauber (über den wir morgen noch ausführlich berichten) besuchten wir das JoZZ Sulingen, das am 1.12. ein weiteres Konzert der Ruhigen Nummern im Angebot hatte. Drei Auftritte mit insgesamt 4 Künstlern – und alle Musiker vollbrachten das Kunststück, das Publikum zum Zuhören zu bewegen. Wer zu spät kam, der durfte sich mit einem Stehplatz begnügen, so gut besucht war die Veranstaltung.
Die Künstler van Grambusch und Rike Mey aus Bremen sowie die Mönchengladbacherin Sophie benötigten dabei nicht viel; alle begnügten sich mit Akustikgitarre und Gesangsstimme, sowie sehr viel Gefühl.
Zum Start betraten zwei junge Männer mit dem Namen Van Grambusch die Bühne. Dahinter verbirgt sich zum einen Jendrik, der den mutigen Schritt vor zwei Jahren wagte, sich von der Musik zu verabschieden, die er bis vor knapp zwei Jahren noch in einer Punkband gespielt hatte. Schon während dieser Zeit ist aus dem Bremer ein Songwriter geworden, ohne die eingeübten Songs der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Mut zum Risiko ist sogar noch höher einzuschätzen, da er seine auf Akustik-Punk Getrimmten Chansons zum großen Teil auf Deutsch singt, daher zählt der Inhalt seiner Botschaften vor Publikum erst recht.
Im JoZZ ging diese Rechnung am Samstag komplett auf. Die energische Stimme, die er im Hardcore gebraucht hat, half, seine Botschaften mehr denn je zu unterstreichen. Man bekam bei vielen seiner Songs ein wenig Mitleid; die sehr authentisch vorgetragenen Stücke handelten sehr oft vom Trennungsschmerz; dabei bringt er an Humor, Freundlichkeit und sympathischem Auftreten alles mit, um eine Partnerin glücklich zu machen. Als Ersatz hatte er in Sulingen Posch dabei, der ihn erstmals bei einem Auftritt unterstützte.
Leider haben wir nicht in Erfahrung gebracht, ob sich im Publikum frisch verheiratete Paare befunden haben; wenn ja, kam mit dem 2. Act des Abends etwas Passendes. Rike Mey nennt sich gerne Hochzeitssängerin Rike. Ihre Leistung ist mit der eines Weddingplaners fast vergleichbar, denn für eine lange Beziehung ist es sicher hilfreich, diese immer neu zu beleben. So wie die Songs der 33-jährigen; eine gut gelaunte Bremerin, die gerne covert, dabei allerdings die Stücke sehr gut neu arrangiert.
Das ist sicher von Nöten, denn Oasis "Wonderwall" oder Songs von Coldplay nur auf einer Akkustikgitarre zu spielen, erfordert eine eigene Kreativität. Gelungen ist ihr aber auch, die Melodien an ihre eigene Stimmfarbe anzupassen. Hierbei wirkte sie mindestens genauso gelassen, wie an jenem Tag, als sie in der Schweiz Straßenmusik spielte. Straßenmusik sehen aber die Gesetzeshüter unserer eidgenössischen Nachbarn überhaupt nicht gerne, und wollten Rike Mey mit einem Einreiseverbot bestrafen. Wie gut, dass hierzulande soviel Talent erlaubt ist, egal, wie die Bühne aussieht.
Den finalen Auftritt des Abends gehört einem fast schon schüchternen Mädchen aus Mönchengladbach. Dabei kann die erst 21-jährige Sophie schon so viel erzählen. Seit zehn Jahren spielt sie Gitarre, seit ihrem 14. Lebensjahr lebt sie ihre Leidenschaft auf der Bühne aus. Ihre Träume, mit ihren Vorbildern auf der Bühne zu stehen, hat sich die Rheinländerin ebenfalls schon erfüllt. Außerdem – einige Radiosender spielen mittlerweile auch ihre Songs. Das besondere daran ist, ihre Songs sind nicht immer Mainstream, dafür haben aber die entsprechenden Radiostationen sehr wohl ihre Klasse erkannt.
Das JoZZ erlebte mit Sophies Auftritt eine sensationelle Verschmelzung von Stimme, Instrument und Leidenschaft. Die Art und Weise, wie die Rheinländerin ihre Musik umsetzte, war in jeder Hinsicht sehenswert – und natürlich hörenswert. Ein Auftritt mit Gänsehautcharakter. Sophie schien sich in Sulingen wohlzufühlen, obwohl sie bei der Einladung irrtümlicherweise glaubte, der Auftritt wäre in Solingen. Als sie es bemerkte, war das immerhin ein Unterschied von 240 km Entfernung bei der Anfahrt aus Mönchengladbach.
Das JoZZ hat sich mit dieser Interpretenauswahl selbst übertroffen. Junge Musiker, die ihre Botschaften einem Publikum auf so musikalische Art anpreisen, das ist schon sensationell. Wir bedanken uns beim Veranstalter für einen sehr emotionalen Abend. Sehr viel besinnlicher konnte die Adventszeit nicht beginnen.