Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.
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Standortsuche für die neue Moorkolonie
Durch die dortigen Einwohner wurden wir nun auf die große Drohner Heide bei Dielingen in Westfalen aufmerksam gemacht. Wir lenkten unsere Schritte sogleich dorthin und besprachen mit den dortigen Bauern die Sache. In den nächsten Tagen nahmen wir dann Bodenuntersuchungen vor, welche ergaben, dass der Heideboden sich sehr gut zur Anlage von Wiesen und Ackerland eignete. Es bestand aus lehmigem Sand mit einer guten Humusschicht und hatte dazu den Vorzug, dass dieses Gelände eben war. Nach einer abgehaltenen Versammlung mit der Gemeinde Dielingen wurden jedoch so hohe Preise gefordert, dass unsere Pläne daran scheiterten.
Nun wurde im großen Wietingsmoor Umschau gehalten, zur gleichen Zeit auch Verhandlungen mit der Gemeinde Wehrbleck angebahnt, welche Ödländereien an der Landstraße von Sulingen nach Diepholz liegen hatte. Diese Verhandlungen führten auch bald zum Ziel, so dass drei Besitzer ihre Grundstücke verkauften. Wie nun die übrigen Bauern sahen, dass aus diesen unbenutzt liegenden Grundstücken Geld herauszuschlagen war, ging der Ankauf flott vonstatten. So ist im Winter 1898/99 eine große Fläche in Anstaltsbesitz übergegangen.
Etwas später kam dann noch der Ankauf von Ödländereien im Hochmoor von den Gemeinden Donstorf, Eydelstedt und Dörpel hinzu. Nach einer fast zehnjährigen Dienstzeit beim Staate, verbunden mit vielen Mühen und Strapazen, kam in mir der Gedanke auf, dem Moor auf immer Valet zu sagen, zu gleicher Zeit mich nach einer anderen Beschäftigung umzuschauen.
Diese fand ich dann auch bald, indem mir eine Anstellung an der Bahn in Aussicht stand. Wie ich dieses Herrn Forstrat Deckert mitteilte, erwiderte er kurzerhand: „Sie sollen die Arbeiten der bald in Angriff zu nehmenden Kulturarbeiten auf den von Bodelschwinghschen Anstalten neu eingekauften Flächen in die Hand nehmen!“ Ich folgte seinem Rate.
August Uchtmanns Dienstbeginn
So wurde ich am 9.März 1899 mit der Entwässerung dieser Ödländereien betraut. Doch aller Anfang ist schwer. Die erste schwere Frage, die uns aufkam, bestand darin: Wohin soll entwässert werden? Die Kreisgrenze zwischen Sulingen und Diepholz bildete die Wasserscheide, das ist dort, wo jetzt das Bahngeleise ins Moor führt. Westlich desselben gehörte das Wasser nach der kleinen Aue bei Barver, östlich nach der acht km entfernten großen Aue bei Barenburg.
Diese schwierige Aufgabe zu lösen, nach welcher Richtung der Entwässerungskanal anzulegen sei, wurde hierzu vom Bauamt Bethel Bauführer Dreyer bestimmt, welcher seiner Zeit den in Angriff genommenen Neubau unseres jetzigen Erziehungshauses Moorstatt leitete, dessen Grundstein vor einigen Tagen gelegt worden ist. Die Nivellierarbeiten nahmen etwa fünf Wochen in Anspruch und waren ein Stück schwerer Arbeit der ungeheuren Nässe wegen.
Die bis über die Knie reichenden Stiefel liefen oftmals dabei voll Wasser. Auch kam es vor, dass man auf einem alten, überwachsenen Graben geriet und bis an den Leib im Schlamm und Morast sank. Bald war dann die Wasserfrage entschieden. Da das Niveau nach der Barver Aue, die ein Gefälle von sieben m auf drei km Länge aufwies, dagegen nach der großen Aue bis Barenburg von sieben m Gefälle auf acht km Länge, wurde natürlich die kürzere Strecke nach der Barver Aue zur Entwässerung bestimmt.
Doch es wurden uns wiederum dadurch Schwierigkeiten in den Weg gelegt, da die Gemeinde Barver östlich der Kreisgrenze Diepholz-Sulingen nicht aufzunehmen brauchte. Nach langen Verhandlungen, die Herr Forstrat Deckert mit Barver unternahm, führten schließlich zum erwünschten Ziel, dass wir unser Wasser zur Barver Aue hinleiten konnten. Daraufhin wurden nun die Kultivierungsarbeiten im jetzigen Freistatt in Angriff genommen.
Erste Kultivierungen im Moor
Mit drei Gespannen Pferden und Arbeitern aus Wehrbleck und Barver wurde die Heide umgepflügt, planiert, Kalk- und Kunstdünger gestreut und mit Erbsen und Kartoffeln bestellt, um für den ersten Anfang etwas Lebensmittel zu gewinnen. Diese Fläche lag westlich des Kirchangers. Nun weiter vorwärts! Von Moorstatt aus zog sich ein großes, tiefes Sumpfgelände bis zur Moorpension, die Breite erstreckte sich vom hiesigen Torfwerk bis zum Bahndamm.
Dieses Sumpfgelände wurde auch in dem heißesten Sommer nicht trocken. Wollte man ins Moor gelangen, musste man seinen Weg über die heutige Moorburg nehmen. Vom heutigen Bahnhof aus wurde nun, um dieses Terrain trocken zu legen, ein drei mtr. breiter und vielleicht zwei bis drei mtr. tiefer Abzugsgraben ausgehoben und nach der Barver Aue hingezogen, nach Anlegen dieses Grabens konnte mit dem Kultivieren begonnen werden, um für Moorstatt eine Wiese fertig zu stellen. So wurde im Jahr 1900 schon ein gutes Teil fertig.
Anfänge der Gemeinde Freistatt
Auch in Freistatt wurde tüchtig gearbeitet. Die Anlage des Gartens kostete viel Mühe und Arbeit, mussten doch die tiefen Lehmkuhlen, welche sich zur der Zeit dort befanden, mit der Schubkarre voll gekarrt werden, um eine glatte Oberfläche zu erhalten. Freistatt war selbstverständlich am Anfang noch klein und bestand aus einer Hausmeisterwohnung, einer kleinen Küche, Speisesaal und Aufenthaltsraum für die Brüder von der Landstraße, von denen wir im ersten Winter 20 bis 30 beherbergten.
Im Herbst 1900 wurde dann auch mit dem Bau des Torfwerkes begonnen, um die großen Flächen des Hochmoores nutzbar zu machen. Im Frühling 1901 war unser Torfwerk bereits fertig. Nach Einrichtung desselben aber kam ein starker Sturm, wie es in den großen, kahlen Mooren ja heute noch vorkommt und erfasste den freistehenden Schuppen.
Dieser, einem solchem Element nicht gewachsen, stürzte vollständig in sich zusammen. Natürlich blieb uns nichts Anderes übrig, als nochmals von neuem anzufangen, was sehr viel Zeit erforderte. Zu gleicher Zeit legten wir dann auch einen Weg ins Moor an, unseren jetzigen Schienenstrang. Solange man Sandboden unter sich hatte, ging die Arbeit flott vorwärts. Im nassen, sumpfigen Moor dagegen stellten sich uns bald allerhand Schwierigkeiten in den Weg.
So kam es beim Grabenziehen oft vor, dass, was wir am vorhergehenden Tag geleistet und fertig bekommen hatten, am anderen Morgen durch das Zusammenrutschen der Grabenwände wieder zerstört war. Um diesem Übelstand abzuhelfen, wurden die Gräben ganz flach, etwa 75 cm, ausgehoben und erst nach 3 Wochen die weitere Vertiefung vorgenommen. Auch diese Arbeit war kein besonderes Vergnügen, musste doch, hervorgerufen durch die untere weiche Masse, die Arbeiter und Kolonisten oft bis an die Knie im Schlamm stehen.
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• Ende Teil 3 • (… der Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)